It’s Magic

Davor Vutuc ist in Baden-Württemberg zuhause und seit 40 Jahren Schalker, verpasst fast kein Spiel, muss die meisten aber in der viereckigen Kiste gucken.

Viele Spieler hat er dabei im königsblauen Leibchen erlebt, alles Schalker – manche aber doch besonders.


In knapp 40 Jahren als Schalker hat man viele Spieler kommen und gehen sehen. Das eigene Verhältnis zu den Spielern hat sich natürlich auch gewandelt. Während man als Kind und auch noch als Jugendlicher einige Spieler als Vorbilder und Idole ansah, fällt es mit zunehmenden Alter schwerer in Fußballspielern des geliebten Vereines, die 15-25 Jahre jünger als man selber sind, noch Idole oder Vorbilder zu entdecken. Dies ist auch etwas schade, da dadurch die Identifikation mit den Spielern verloren geht. Klar verfolgt man auch heute mit Spannung wie sich junge und vielversprechende Spieler, wie aktuell z.B. Julian Draxler entwickeln, aber selbst wenn er hypothetisch gesehen der beste und sympathischste Schalker Spieler aller Zeiten werden sollte, wird es ihm nie gelingen können, dass ich annähernd die gleiche Bewunderung und fast schon Liebe zu ihm empfinden werde, wie ich sie als Kind und Jugendlicher z.B. gegenüber einem Klaus Fischer empfunden habe. Er war z.B. der erste und einzige Spieler, dem ich auch nach seinem Wechseln nach Köln und Bochum, bis auf die Spiele gegen Schalke, immer ein Tor gewünscht habe und dessen Werdegang ich immer verfolgt habe, egal was er machte bzw. auch heute noch macht. Ich denke so gehr es heute vielen Real Anhängern, die Raul auf Schalke verfolgen.

Aber meine heutige Geschichte soll nicht von Klaus Fischer handeln, denn dies würde bedeuten, Eulen nach Athen zu tragen. Über ihn wurde schon genug berichtet und ganze Bücher geschrieben, so dass ich nicht viel Neues dazu beisteuern könnte. Nein, meine Geschichte soll über ein anderes meiner Idole handeln, über einen Spieler, der nie über die fußballerische Klasse eines Klaus Fischer verfügte, der wahrscheinlich (sorry) sogar nie echte Bundesligatauglichkeit besessen hat und der selbst vielen der heutigen Arena Besucher kaum noch ein Begriff sein wird und der es dennoch geschafft hat, eines meiner Idole (ich denke sogar er war mein letztes Idol, da er vier Jahre jünger ist als ich und später dann bereits das oben Beschriebene peu a peu eintrat) zu werden .

Die Rede ist von Michael Prus.

Wie konnte es einem solchen Spieler, der als Verteidiger kaum über Technik verfügte und dem es in immerhin 120 Bundesligaspielen und in 100 Zweitligaspielen für Schalke nicht einmal gelungen ist ein Tor zu erzielen (ich glaube er hat immerhin in einem Pokalspiel mal getroffen), gelingen, eines meiner wenigen Idole zu werden ?

Zum einen hat er es dadurch geschafft, dass er als junger Spieler mit 18 Jahren 1986 zu Schalke kam und ich schon immer mit großem Interesse die Entwicklung junger Spieler aus den eigenen Nachwuchsmannschaften bzw. von Spielern, die in jungem Alter auf Schalke verpflichtet wurden, verfolgt habe (natürlich nicht zu vergleichen mit einem namentlich nicht genannten Fußballbekloppten, der sich mehrere hunderte Spiele diverser Jugendmannschaften angeschaut hat). Aber dies waren im Laufe der Zeit einige Spieler (z.B. die Opitz Brüder, Volker Abramczik oder Thomas Kruse um nur einige zu nennen) und die haben dies nie geschafft. Wieso also Michael Prus ? Dazu eine Geschichte aus dem Jahr 1988.

Schalke war im Vorjahr zum dritten und zum Glück letzten Male in die Zweite Bundesliga abgestiegen. Trotz der finanziellen Misere und einem Kader von überwiegend damals noch namenlosen Spielern (einen Jens Lehmann kann man heute kaum noch als namenlos bezeichnen) bin ich als ewiger Optimist zuversichtlich in die neue Spielzeit gegangen, in der festen Erwartung, den sofortigen Wiederaufstieg zu erleben. Doch wie so oft kam es ganz anders. Bereits die ersten fünf Spieltage verliefen nur mittelmäßig (4:6 Punkte), doch die Saison sollte noch viel schlimmer werden und Schalke nur knapp dem weiteren Abstieg entgehen.

Am 03.09.1988 bin ich mit meinem Bruder zum sechsten Spieltag, einem Auswärtsspiel, nach Darmstadt gefahren. Die Schalker Leistung war miserabel, nach vorne ging so gut wie gar nichts und von einer Spielkultur war weit und breit nichts zu sehen. Doch im Gegensatz zu manch einem Spiel der hiesigen Saison (2010/11), das ähnlich verlief (z.B. gegen den HSV oder gegen Hoffenheim) bin ich nach der enttäuschenden 1:2 Niederlage dennoch voller Stolz nach Hause gefahren. Denn im Gegensatz zur heutigen Millionärstruppe, von der man weiß, dass sie es besser machen kann und von der man es auch besser erwartet, hat damals eine Schalker Truppe auf dem Platz gestanden, die zwar fußballerisch stark limitiert war und die es einfach nicht viel besser konnte, aber bei der man jederzeit das Gefühl hatte, die Spieler geben alles, kämpfen bis zum Letzten und identifizieren sich mit ihrem Verein. Und das beste Beispiel dafür war eben Michael Prus. Was der in diesem Spiel gegrätscht und gekämpft hat, darauf konnte er mit Recht Stolz sein.

In seiner ganzen Karriere konnte man jederzeit sehen, dass er alles was er kann gab und stets ehrliche und harte Arbeit ablieferte. So sehr ich mir immer den Erfolg gewünscht habe und mir bewusst war, dass man hierzu auch fußballerisch starke Spieler benötigt, so hat es mich dennoch gefreut, dass Michael es jahrelang geschafft hat, Stammspieler bei Schalke zu bleiben. Dies ist jedoch nicht nur mir so ergangen, sondern dass müssen viele andere Schalker auch so gesehen haben. Denn die Leistung von Michael Prus wurde in späteren Jahren dadurch honoriert, dass man ihm den Spitznamen „Magic“ Prus verpasste. Ich weiß nicht mehr, wie er zu diesem Spitznamen kam und ob es ein besonderes Ereignis hierfür gab (sein technisches Können war es bestimmt nicht). Ich habe es jedenfalls immer so interpretiert, dass die Zuschauer mit diesem Spitznamen seine Art und Weise Fußball zu arbeiten gewürdigt haben und mit dieser Auffassung von seinem Beruf und seiner Treue zu Schalke hat er geschafft, dass er mir immer im Gedächtnis bleiben wird.

Aufstellung Schalke bei der 1:2 Niederlage in Darmstadt : Vollack, Belarbi, Prus, Klinkert, Luginger, Edelmann (Torschütze), Müller, Mielers, Anderbrügge, Wassmer (Marell), Figas


„1904 Geschichten“.
Die Bitte geht an Alle: wenn ihr etwas habt aus über 100 königsblauen Jahren, etwas Wahres und/oder Interessantes über Schalke, das ihr teilen wollt, Erlebnisse die erinnernswert sind oder ganz einfach Schilderungen, wie es war, wie man sich Eintrittskarten besorgte, wo in der Glückaufkampfbahn, dem Parkstadion oder der Arena man „daheim“ war, wie man dahin kam und wie es da zuging, oder was auch immer vielleicht jemand, der Schalke nur vom Fernsehen oder aus der Zeitung kennt, nie oder niemals wirklich wissen kann – aber vielleicht sollte – schickt mir (matthias.berghoefer[at]web.de) einfach eure Texte, Dreizeiler oder halbe Romane und egal wie’s mit Rechtschreibung aussieht. Klar erkennbar muss sein, ob es sich um eine wahre Geschichte handelt oder um einen Prosatext, also einen konstruierten, erfundenen, der etwas Bestimmtes ausdrücken will in Bezug auf den FC Schalke 04.
Wichtig ist natürlich auch, dass ihr kein Problem damit habt, dass euer Text hier, und vielleicht auch irgendwann mal in einem Buch, veröffentlicht wird – natürlich unter eurem Namen, oder einem „Pseudonym“ falls euch das aus irgendeinem Grund lieber ist.
1904 Geschichten sind eine Menge Holz. Ich bin mal gespannt.

Eine Antwort zu “It’s Magic

  1. Dachte ich’s mir doch schon beim Titel: die Geschichte handelt von Michael Prus – einer der Großen bei uns.

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