Pivos Premierenfahrt

Ralf Seck erheitert seine Kumpels gerne mit unnützem Fußballwissen. Regelmäßige Reisen in entlegene Winkel der Welt nutzt er stets, um den Sportfreunden vor Ort die „Faszination Schalke 04“ näher zu bringen.

Gemeinsam im Auto zum Auswärtssieg, äh, Spiel. Da stellt sich die essentielle Frage: Wer fährt?


Pivo galt unter uns Kumpels als sehr gesellig. Immer, wenn es was zu feiern gab, war Pivo mit dabei. Und die stets unterhaltsamen Fahrten von Hohenlimburg aus zu unseren Schalkern mochte er auch nicht missen. Wir waren 1983 knapp über 20 Jahre alt, also in dem herrlichen Lebensabschnitt, in dem man sich noch so richtig austoben konnte. Einziges Manko: Das Geld war knapp. Und so war immer gerade derjenige der „Schalke-Chauffeur“, der einen vollen Tank vorweisen konnte.
Die Autos waren nicht selten mit mehr Passagieren vollgepackt als erlaubt. Samstags dann immer das gleiche Ritual: Schalke-Kassette reingeworfen, Schals aus dem Fenster, Bierdosen geköpft und schon ging’s los. Es waren stets stimmungsvolle Touren, manchmal waren wir schon heiser, bevor wir überhaupt das Parkstadion erreicht hatten. Irgendwann fiel uns auf, dass sich jeder mal als Chauffeur hervorgetan hatte, nur einer nicht: Pivo. Eigeninitiative und Tatkraft waren eben nicht seine Stärken. Nun war es an uns, ihm die „Arschkarte“ als Fahrer zuzuschieben. Doch Pivo war ein ausgefuchster Gegner, hatte immer glaubhafte Ausreden parat: Einmal brauchte seine Schwester das Auto ganz dringend und beim nächsten Mal waren die Reifen abgefahren. Langsam riss uns der Geduldsfaden, wir setzten ihm ein Ultimatum: „Beim nächsten Auswärtsspiel in Aachen bist du an der Reihe“, lautete der kollegiale Befehl. Von seinen vehement vorgetragenen Bedenken, die Kupplung des alten Käfers mache das nicht mehr mit, ließen wir uns nicht beeindrucken. „Die Sache ist beschlossen, du fährst!“
Uns so zockelten wir an diesem Samstagmittag, es war der 26. November, erwartungsfroh über die A1 Richtung Aachen. Pivo saß am Steuer, Kommritz auf dem Beifahrersitz und auf der Rücksitzbank hatte ich es mir mit Focke und Kammeier bequem gemacht. Pivos latentes Gejammer wegen dem angeblichen Kupplungsschaden konnte unsere gute Laune nicht beeinträchtigen. Schließlich waren wir auf dem Weg zu einem Auswärtssieg unserer großartigen Schalker auf dem stimmungsvollen Tivoli. Beim leichten Anstieg direkt hinter der Raststätte Remscheid-Ost wurden wir plötzlich langsamer, Pivos Gejammer wuchs nun zu einem lautstarken Fluchen an. Und während wir austrudelten und zum Stehen kamen – der brave Käfer war tatsächlich verreckt – tauchte über den Baumwipfeln der Gegenfahrbahn ein großes Leuchttransparent auf: Ortlinghaus – Lamellen und Kupplungen. Die Ironie des Schicksals sorgte für kurzzeitige Betretenheit, schließlich war der Wagen platt und das Spiel konnten wir auch vergessen.
Die bald organisierte Abschleppaktion zurück nach Hause trug auch nicht gerade zu unserer Feierlaune bei. Eher schon die WDR-Radioübertragung, die wir in Oskars Kellerbar bei ein paar eiskalten Bieren genießen durften. Olaf Thon konnte in der 72. Minute die frühe Aachener Führung ausgleichen. Und dann erhellten sich sogar noch Pivos Gesichtszüge, als Hubert Clute-Simon mit einem Kopfballtor in der vorletzten Minute der Siegtreffer gelang. Ich glaube, Oskars Kellerbar hat mindestens so gebebt wie die Schalker Kurve auf dem Aachener Tivoli. Und am Ende der Saison stand sogar noch der ersehnte Wiederaufstieg.

„1904 Geschichten“.
Die Bitte geht an Alle: wenn ihr etwas habt aus über 100 königsblauen Jahren, etwas Wahres und/oder Interessantes über Schalke, das ihr teilen wollt, Erlebnisse die erinnernswert sind oder ganz einfach Schilderungen, wie es war, wie man sich Eintrittskarten besorgte, wo in der Glückaufkampfbahn, dem Parkstadion oder der Arena man „daheim“ war, wie man dahin kam und wie es da zuging, oder was auch immer vielleicht jemand, der Schalke nur vom Fernsehen oder aus der Zeitung kennt, nie oder niemals wirklich wissen kann – aber vielleicht sollte – schickt mir (matthias.berghoefer[at]web.de) einfach eure Texte, Dreizeiler oder halbe Romane und egal wie’s mit Rechtschreibung aussieht. Klar erkennbar muss sein, ob es sich um eine wahre Geschichte handelt oder um einen Prosatext, also einen konstruierten, erfundenen, der etwas Bestimmtes ausdrücken will in Bezug auf den FC Schalke 04.
Wichtig ist natürlich auch, dass ihr kein Problem damit habt, dass euer Text hier, und vielleicht auch irgendwann mal in einem Buch, veröffentlicht wird – natürlich unter eurem Namen, oder einem „Pseudonym“ falls euch das aus irgendeinem Grund lieber ist.
1904 Geschichten sind eine Menge Holz. Ich bin mal gespannt.

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