Matthias Schelzig wurde wohl Schalker, weil ihm der Name so gut gefiel und das Königsblau auch. Er war in der zweiten Liga dabei, ebenso wie beim Finale in Mailand. In Kassel betreibt er das “Uhrtürmchen“, in dem jedes Schalke-Spiel auf Großleinwand zu sehen ist.
Es trug sich zu einst im Mai. Nicht ´97 sondern ´01. Sein Leben ist seither noch mehr mit Schalke verbunden.
12. Mai 2001 – Die 90. Minute
Der FC Bayern, drei Punkte in der Tabelle hinter Schalke, hat Kaiserslautern zu Gast. Es steht 1:1. Zwischen Stuttgart und Schalke steht es ebenfalls Unentschieden – 0:0 im Gottlieb-Daimler-Stadion. Aber dann: Selbst eine Überzahl an Schalker Abwehrspielern kann einen Schuss von Balakov aus 18 Metern nicht verhindern und der erzielt das 1:0 für den VfB gegen Königsblau unmittelbar vor dem Abpfiff.
Sekunden später: Tor in München!
Zickler trifft mit einem Tor des Monats gegen Kaiserslautern zum 2:1 für die Bayern. Nach dem 33. Spieltag ist die Tabellenführung der Schalker Vergangenheit. Eine schmerzhafte Enttäuschung der Gefühle, die man so schnell nicht vergessen wird. So etwas passiert nur den Dusel-Bayern, so etwas gibt es bei keinem anderen Verein. Man stelle sich diese Dramatik des 33. Spieltages am 34. und letzten Spieltag vor. Das wäre unfassbar, irreparabel im Herzen, sofort würde ich aus der Kirche austreten, weil es einen Gott nicht geben kann…
19. Mai 2001
65.000 Zuschauer sorgen schon lange vor Spielbeginn für prächtige Stimmung für das letzte Heimspiel der Königsblauen im altehrwürdigen Parkstadion. In der nächsten Saison wird die Arena AufSchalke die neue Heimat des Traditionsklubs aus dem Pott sein. Blau-weiße Luftballons steigen in die Höhe und tauschen ihre Plätze am Boden gegen bunt gekleidete, landende Fallschirmspringer. Eine Bergmannskapelle spielt unser Vereinslied, und das ganze Stadion grölt mit, sogar die wenigen hundert Fans aus Unterhaching, wenn auch mit Textproblemen.
Anpfiff
Und André Breitenreiter sticht bereits in der dritten Minute ins erwartungsfreudige Schalker Herz; Spizak legt in der 27. sogar zum ZweiNull nach. Das war´s. Nix mit Meisterschaft und in Hamburg steht´s immer noch 0:0.
Doch dann passiert es.
Das königsblaue Wunder.
Van Kerckhoven und “Blondie” Asamoah mit der Hacke im Doppelpack unmittelbar vor der Pause.
Wahnsinn.
Auch die erneute Führung von Jan Seifert (69.) bringt die Stevens-Truppe nicht ausser Tritt. Wieder doppelt treffen die Schalker, diesmal richtet es Jörg Böhme allein, und in der 80. Minute trifft der unter dem frenetischen Jubel der Fans eingewechselte Olaf Thon zum entscheidenden 5:3!?
Denkste. Abseits.
In der 89. Minute ist es dann doch soweit: Ebbe Sand macht mit seinem 22. Saisontreffer den Sieg perfekt.
Und dann die Meldung aus Hamburg:
Sergej Barbarez trifft in der fast gleichen Minute im Volksparkstadion gegen die Bayern.
Auch zum zweiundzwanzigsten Mal diese Serie.
Welche Duplizität der Ereignisse der vergangenen Woche – Der Hammer!
Parkstadion, 1. Reihe. Direkt vor meine Augen: Premiere-Reporter Rolle Fuhrmann.
Rudi Assauer. Der ballt die Fäuste in den königsblauen Himmel.
Aus! Aus! Das Spiel ist aus!
Die Fans stürmen den Rasen, wildfremde Menschen liegen sich in den Armen –
DIE Sensation ist perfekt. Schalke ist nach 43 Jahren wieder Deutscher Meister!!
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Eine traurige, wahre Begebenheit – VIER MINUTEN IM MAI
Auf dem Riesenfernseher über der Südkurve flimmern Bilder aus Hamburg. Doch Keinen interessiert´s. Das muss eine Wiederholung der Höhepunkte sein. Doch das Spiel läuft noch. Schalke ist Meister, und so ein Dusel wie vergangene Woche gibt´s nur einmal…
Schobi, was machst du denn?
Statt die Pille in den Hamburger Abendhimmel zu hämmern, nimmt Matthes Schober den Ball mit der Hand auf. Schiri Merk entscheidet auf “Rückpass”. Freistoß aus 12 Metern. Eine Mauer, bestehend aus sieben Hamburgern, steht vor der Meisterschale,
die die Schalker nach 43 langen Jahren wieder in den Händen halten. Doch der Ball von Patrick Andersson fliegt in der vierten Minute der Nachspielzeit irgendwie ins Hamburger Tor, mitten ins Schalker Herz. In mein Schalker Herz.
Ich verliere den Halt am Absperrzaun, den ich zum Meisterschaftsjubel bestiegen habe, lasse ihn einfach los und falle. Falle tief.
Aus. Schluss. Vorbei.
Das gigantische Feuerwerk, das mich Sekunden vorher entzückte, nehme ich nur noch am Rande wahr. Meine Freudentränen versiegen. In meinem Gesicht macht sich Entsetzen breit. Und ich sehe mich um und sehe in ebenso versteinerte Mienen. Fassungslos, ungläubig dessen, was da eben passiert war.
Die Bayern sind Meister.
Zum dritten Mal in Folge. Zum 17. mal in ihrer Vereinsgeschichte. Der erste Saisontreffer des Schweden ergoss sich wie Wasser auf das blau-weisse Inferno
der Schalker Glückseligkeit und löschte beinahe jeden Jubel auf den Rängen und auf dem Rasen. Schockiert von den Tatsachen, den Ereignissen der letzten Minuten, stimmen die Fans trotzig ihre Gesänge wieder an. Und bejubeln eine Saison,
die dramatischer und spannender nicht hätte sein können. Mit dem tragischen Verlierer Schalke, dem mit dem Erreichen der Champions-League nur ein kleines Trostpflaster bleibt.
So nah waren sie dran an der ersten Meisterschaft seit 43 Jahren.
Doch den “Papst in der Tasche” zu haben, scheint in entscheidenden Situationen besser, als ihn im Verein als Mitglied zu führen. Ich werde demnächst jedenfalls keine Kirchensteuer mehr zahlen.
Und sollte es doch einen Gott geben: Er ist kein Schalker.
Ach so: Glückwunsch, FC Bayern…
Der MAZinger
Schalker seit 1970.
Türmchen-Wirt seit 1997.
„1904 Geschichten“.
Die Bitte geht an Alle: wenn ihr etwas habt aus über 100 königsblauen Jahren, etwas Wahres und/oder Interessantes über Schalke, das ihr teilen wollt, Erlebnisse die erinnernswert sind oder ganz einfach Schilderungen, wie es war, wie man sich Eintrittskarten besorgte, wo in der Glückaufkampfbahn, dem Parkstadion oder der Arena man „daheim“ war, wie man dahin kam und wie es da zuging, oder was auch immer vielleicht jemand, der Schalke nur vom Fernsehen oder aus der Zeitung kennt, nie oder niemals wirklich wissen kann – aber vielleicht sollte – schickt mir (matthias.berghoefer[at]web.de) einfach eure Texte, Dreizeiler oder halbe Romane und egal wie’s mit Rechtschreibung aussieht. Klar erkennbar muss sein, ob es sich um eine wahre Geschichte handelt oder um einen Prosatext, also einen konstruierten, erfundenen, der etwas Bestimmtes ausdrücken will in Bezug auf den FC Schalke 04.
Wichtig ist natürlich auch, dass ihr kein Problem damit habt, dass euer Text hier, und vielleicht auch irgendwann mal in einem Buch, veröffentlicht wird – natürlich unter eurem Namen, oder einem „Pseudonym“ falls euch das aus irgendeinem Grund lieber ist.
1904 Geschichten sind eine Menge Holz. Ich bin mal gespannt.
Aua, da isses widda!
😉
Tut immer wieder weh aber so war es nun einmal. Man kann genau mitfühlen, brauch man aber nicht, ich war selber vor Ort, beim Abschied vom Parkstadion, beim Abschied von der Meisterschaft.
Aber wir haben nach wie vor einen Traum!
Nicht mehr diese Saison…aber irgendwann…
Glückauf,
Enatz
P.S.:
3 Punkte hinter den Bayern war es am vorletzten Spieltag nicht.
Wir waren meines Wissens bei besserem Torverhältniss punktgleich!