Schalker Knappen

“janus“ wurde im Fahrstuhl geboren und ist als unbelehrbarer Fortuna-Fan stolz, dass seine Kolumnen in der Stadionzeitung mittlerweile von Gegnern wie Schalke 04 handeln und nicht von Borussia Freialdenhoven. Aber andersrum wäre er auch wieder dabei. Und wenn mal kein Spiel ist, dann schreibt er wunderbare Bücher über seine Fußballleidenschaft.

Anläßlich des Bundesligaspiels Fortuna Düsseldorf gegen Schalke 04 im September 2012, dem ersten Pflichtspiel-Aufeinandertreffen seit „ewig“, erinnert sich „janus“ im F95-Stadionheft an früher, als diese Partie noch häufiger auf dem Spielplan stand. Und er freut sich, dass seine (leicht bearbeitete) Kolumne nun auch Teil der „1904 Geschichten“ ist.


Meine früheste Erinnerung an Schalke 04 datiert aus meiner Kindheit, in etwa Mitte der 1970er Jahre. Als kleiner Junge besuchte ich natürlich regelmäßig die Heimspiele meines Heimatvereins 1.FC Wülfrath. Ein großer Feiertag für mich, wenn meine (rot-weißen!) Götter verbissen um Tore und Punkte in der Landesliga auf Asche kämpften. Wenn Mutti mir dann eine Cola erlaubte, blickte ich im Clubheim neben dem Tresen immer auf ein gerahmtes Bild, offenkundig Erinnerung an ein Freundschaftsspiel. „Zeche Consol und seine königsblauen Knappen“ stand dort geschrieben, das Foto zeigte genau, was der Text versprach: eine Fußballmannschaft auf einem Werksgelände vor dem Hintergrund eines riesigen Förderturms.

Alle 14 Tage stand ich somit Aug` in Aug` den Spielern gegenüber, die ich sonst nur aus der Sportschau kannte: Fischer, Lütkebohmert, Abramczik, die Kremers-Zwillinge. Die waren also mal auf ein Freundschaftsspiel zu den Wülfrather Kalkwerken vorbei gekommen, wohin sich sonst nie eine fußballerische Großmacht in jenen Tagen verirrte! Ich war beeindruckt. Und Frisuren…also Haare hatten die…unglaublich. Später erfuhr ich, dass Ex-Trainer Rudi Gutendorf die Truppe Ende der 1960er Jahre um 6 Uhr morgens vor der Zeche hatte trainieren lassen, um den Fans zu zeigen, wie hart auch Fußballer arbeiten mussten. Ein echter Malocherverein, bei dem man es in Interviews auch mit der deutschen Sprache nicht allzu genau nahm, dachte ich damals.

Verstärkt wurde dieser Eindruck dadurch, dass sich in jenen Jahren ein Schalke-Fan-Club in meiner Heimatstadt gründete. Deren Mitglieder waren schon bald stadtbekannt für ihre Kutten, ihre Weigerung, es mit der deutschen Sprache allzu genau zu nehmen sowie mindestens drei fehlende Zähne pro Person. Es ging das Gerücht, so manch glühender Schalke-Fan habe sich den einen oder anderen Zahn selbst gezogen, um Aufnahme in den elitären Club zu erlangen. Mit diesem Schalke-Bild wurde ich groß.

Heutzutage gilt das natürlich nicht mehr. Das Team ist mit internationalen Stars gespickt und trainiert nicht mehr auf irgendeiner Zeche sondern spielt in einer hochmodernen Arena. Der Verein ist regelmäßig in internationalen Wettbewerben vertreten und hat grad wieder eine Fan-Anleihe aufgelegt, die mithelfen soll, ihn in zehn Jahren weitestgehend schuldenfrei zu machen. Sagt deren Vorstand, nicht ich. Ein Urgestein des deutschen Fußballs also, das den Sprung in die modernen Zeiten locker geschafft hat, kommt zu Besuch. Die Zeche Consol ist nicht mehr in Betrieb, mein Sportplatz von damals auch nicht, und das Bild, das ich so oft angesehen habe, staubt wahrscheinlich im Keller des damaligen Platzwarts vor sich hin. Nur Erinnerungen.

Der aktuelle Slogan von Schalke 04 lautet „Wir leben dich“. Und angesichts meiner Erinnerungen an Schalke 04 wette ich, dass der Slogan damals „Wir leben dir“ gelautet hätte.

Ich hätte es gemocht.


„1904 Geschichten“.
Die Bitte geht an Alle: wenn ihr etwas habt aus über 100 königsblauen Jahren, etwas Wahres und/oder Interessantes über Schalke, das ihr teilen wollt, Erlebnisse die erinnernswert sind oder ganz einfach Schilderungen, wie es war, wie man sich Eintrittskarten besorgte, wo in der Glückaufkampfbahn, dem Parkstadion oder der Arena man „daheim“ war, wie man dahin kam und wie es da zuging, oder was auch immer vielleicht jemand, der Schalke nur vom Fernsehen oder aus der Zeitung kennt, nie oder niemals wirklich wissen kann – aber vielleicht sollte – schickt mir (matthias.berghoefer[at]web.de) einfach eure Texte, Dreizeiler oder halbe Romane und egal wie’s mit Rechtschreibung aussieht. Klar erkennbar muss sein, ob es sich um eine wahre Geschichte handelt oder um einen Prosatext, also einen konstruierten, erfundenen, der etwas Bestimmtes ausdrücken will in Bezug auf den FC Schalke 04.
Wichtig ist natürlich auch, dass ihr kein Problem damit habt, dass euer Text hier, und vielleicht auch irgendwann mal in einem Buch, veröffentlicht wird – natürlich unter eurem Namen, oder einem „Pseudonym“ falls euch das aus irgendeinem Grund lieber ist.
1904 Geschichten sind eine Menge Holz. Ich bin mal gespannt.

6 Antworten zu “Schalker Knappen

  1. Ich tu die Geschichte echt voll toll finden.
    Lustig das mit die Sprache und mit die Zähne.

    Also: dem janus seine Story. Die empfehl‘ ich Dich!
    Glückauf
    🙂

  2. Pingback: Die Blogschau für Donnerstag, den 04.10.2012 | Fokus Fussball

  3. Carsten, alte Säge, feine Geschichte!

  4. Schmiddy, oller IT`ler! Ischwör, ich hatte bei der Abfassung der Kolumne nicht dich vor Augen! 😉 Viele Grüße!

  5. Neues aus Apprath :-))

  6. Eine richtig schöne Geschichte, die man wunderbar nachempfinden kann.

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