“Havau“ ist 1998 aus seiner Heimat dem Bergischen Land in den Norden der Republik ausgewandert. Seit den frühen 70er Jahren schlägt das Herz des langjährigen Schalker-Vereinsmitglieds „Königsblau“ – und Frau und Kindern geht es mittlerweile ebenso.
Wenn der Papa Fußball guckt und Sohnemann dabei zusieht – und zuhört – dann hat das manchmal Folgen…
Spätestens am 06. Oktober 1973, dem Tag, an dem ich zum ersten Mal die blau-weißen Götter live über das Grün des Parkstadions laufen sah, erfasste mich der Mythos Schalke und brannte mir unauslöschlich das S04-Logo in mein noch kleines Kinderherz ein.
Der FC Schalke gewann im gerade erst neu eingeweihten Stadion die Bundesligabegegnung gegen den Wuppertaler SV mit 4:2. Mann des Tages war, wie noch so oft in den darauf folgenden Jahren, unser Mittelstürmer Klaus Fischer, der gleich 3 mal einnetzte. Dieser – zumindest für meine Kinderaugen – geniale Auftritt unseres damaligen Torjägers machte ihn auch auf Anhieb zum Idol für meine frühen Schalker Jahre.
Was in den folgenden Jahrzehnten mit unzähligen Stadionbesuchen auf Schalke und auswärts folgte, war das schon viel zitierte und beschriebene Auf und Ab mit den bekannten emotionalen Tiefpunkten und Glücksgefühlen, die jeder Schalker kennt und die sich für immer in die königsblaue Seele eingebrannt haben.
Da es mich vor einigen Jahren aus beruflichen Gründen in den hohen Norden verschlug, sind die Besuche in der Arena leider weniger geworden, was aber der Leidenschaft für Schalke keinen Abbruch tut. Und so bin ich, neben den einigen Spielen pro Saison, die ich live auf Schalke erleben kann, natürlich da, wenn der geliebte S04 im Norden der Republik seine Auswärtspartien bestreitet. Ansonsten verfolge ich, dank Premiere/Sky und der wunderbaren Erfindung der Einzeloption, möglichst jedes Spiel unserer Elf live vor dem Fernseher.
Und mit einem dieser Spiele hat auch die kleine Anekdote zu tun, von der ich hier berichten möchte. Als mittlerweile zweifacher Vater habe ich, gerade da ich mich hier im Exil, umgeben von Werderanern und Rothosen befinde, natürlich die blau-weiße Pflicht, meinen Kindern den Mythos Schalke nahe zu bringen. Am Samstag den 18. August 2007 war dann mal wieder Derbytime gegen Lüdenscheid angesagt. Das erste Derby nach jener unsäglichen 0:2 Niederlage in der Wellblechhütte, die uns wieder einmal den Traum von der Schale zerstört hatte. Schalke spielte dieses Mal groß auf und schickte die Fehlfarben mit einem klaren 4:1 wieder nach Hause.
Da ich Schalker Spiele immer mit einiger Nervosität und großer Emotionalität verfolge, kann ich die spielerischen Vorträge unserer Blau-Weißen oftmals während der Liveübertragung nicht wirklich genießen, da ich meist bis zum Schluss auf „das Böse“ lauere, dass uns trotz drückender Überlegenheit und klarer Führung den sicher geglaubten Sieg noch entreißen wird. Ich habe mir darum zur Angewohnheit gemacht, die meisten Spiele mit dem beruhigenden Wissen um das nicht mehr zu ändernde Ergebnis, noch mal in Ruhe in der Wiederholung anzuschauen. So schaltete ich auch an dem besagten Samstag um 23:30 Uhr noch mal den Fernseher ein, um den Derbysieg ein zweites Mal in voller Länge zu genießen und zu bejubeln. Doch kurz nach dem 1:0 durch Marcelo Bordon und meinem fünften Torjubel an diesem Samstag, drangen aus dem Kinderzimmer Geräusche an mein Ohr, die darauf hindeuteten, dass der Junior wach geworden war. Ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt.
Nach kurzer Überlegung entschloss ich mich kurzerhand, den damals gerade mal 3 ½ -jährigen Knirps aus seinem Bett zu holen und ihn, in eine warme Schalkedecke eingehüllt, neben mich auf die Couch zu setzen, um ihn in den Genuss seines ersten Revierderbys zu bringen. Hellwach und sehr interessiert verfolgten wir nun gemeinsam die noch ausstehenden 70 Minuten des Spieles und bejubelten die weiteren Schalker Treffer.
Die meisten Namen der damaligen Schalker Protagonisten wie Bordon, Kuranyi, Asamoah und Neuer waren dem Kleinen schon geläufig. Wurde einer dieser Spieler auf dem Bildschirm eingeblendet, ertönte neben mir ein kleiner kindlicher Freudenschrei mit dem jeweils passenden Kommentar wie „Papa, da ist der Asa!“
Eine Fernsehübertragung bringt allerdings die unangenehme Eigenschaft mit sich, dass dem Zuschauer hin und wieder auch Spieler der falschen Mannschaft in Großaufnahme präsentiert werden. Das führte dazu, dass Bjarni bei der ersten Großeinblendung eines Schwach-Gelben die Frage „Wer ist denn das, Papa?“ an mich richtete. Mit der Souveränität und Spontanität des Schalker Papas antwortete ich „Den brauchst du dir nicht zu merken, dass ist ein hässlicher Vogel!“ Dieses Fragespiel wiederholte sich bis zum Abpfiff noch so einige Male. Auf jedes „Und wie heißt der?“ folgte ein kurzes „Ist ein hässlicher Vogel.“ Nach dem Spiel gingen Papa und Sohn glücklich und zufrieden schlafen.
Tage später kam ich gerade von der Arbeit nach Hause, als mir Bjarni mit dem „Kicker“ in der Hand, auf dessen Titelseite der Ur-Lüdenscheider Dede abgebildet war, entgegen gelaufen kam und mir schon von weitem zu rief: „Sieh mal Papa, schon wieder einer von den hässlichen Vögeln“.
In den darauf folgenden Wochen und Monaten ernteten wir hin und wieder einige kritische Blicke verständnisloser Eltern, wenn der Sohnemann seine gleichaltrigen Spielkameraden, die in gelbem Trikot und schwarzen Hosen zum Sport erschienen, mit den Worten „Du siehst ja aus wie ein hässlicher Vogel“ begrüßte. Aber nach kurzer Erläuterung hatten wir meist die Lacher auf unserer Seite.
Mittlerweile ist auch Bjarni durch und durch königsblau und hat schon seine ersten eigenen Arena-Erfahrungen gesammelt. Und der Begriff „die hässlichen Vögel“ wird bei uns immer noch häufig verwendet, wenn es um den ungeliebten Revierrivalen geht.
„1904 Geschichten“.
Die Bitte geht an Alle: wenn ihr etwas habt aus über 100 königsblauen Jahren, etwas Wahres und/oder Interessantes über Schalke, das ihr teilen wollt, Erlebnisse die erinnernswert sind oder ganz einfach Schilderungen, wie es war, wie man sich Eintrittskarten besorgte, wo in der Glückaufkampfbahn, dem Parkstadion oder der Arena man „daheim“ war, wie man dahin kam und wie es da zuging, oder was auch immer vielleicht jemand, der Schalke nur vom Fernsehen oder aus der Zeitung kennt, nie oder niemals wirklich wissen kann – aber vielleicht sollte – schickt mir (matthias.berghoefer[at]web.de) einfach eure Texte, Dreizeiler oder halbe Romane und egal wie’s mit Rechtschreibung aussieht. Klar erkennbar muss sein, ob es sich um eine wahre Geschichte handelt oder um einen Prosatext, also einen konstruierten, erfundenen, der etwas Bestimmtes ausdrücken will in Bezug auf den FC Schalke 04.
Wichtig ist natürlich auch, dass ihr kein Problem damit habt, dass euer Text hier, und vielleicht auch irgendwann mal in einem Buch, veröffentlicht wird – natürlich unter eurem Namen, oder einem „Pseudonym“ falls euch das aus irgendeinem Grund lieber ist.
1904 Geschichten sind eine Menge Holz. Ich bin mal gespannt.
Schöne Geschichte. In dieser Hinsicht war die Erziehung meiner Kinder auch immer einfach : Die Blauen sind die Guten, die Gelben die Bösen – oder wie bei Dir, hässliche Vögel.