Es war einmal… im Rheinstadion

„diego81“, Baujahr 81, ist von Geburt und bis heute stolzer Bottroper, hatte schon ab Saison 93/94 eine Dauerkarte und fährt seit 2002/2003 regelmäßig, inzwischen „fast immer“, auswärts.

Fortuna Düsseldorf – Schalke 04. Gabs in den letzten zig Jahren „nicht besonders oft“, und auch früher war’s nicht immer einfach, da dabei zu sein.


Wir schrieben einen kalten Samstag im November des Jahres 1996. Selbst Baujahr 81, hängt man noch, zumindest was die Auswärtsspiel angeht, an dem Rockzipfel der Eltern.

Soll heißen, dass ich nur ein Stadion von innen gesehen habe, wenn Papa selbst Lust hatte. Erstes Spiel sah ich somit „erst“ am Nikolaustag 1992 (1:0 Heimsieg gegen die Geißböcke). Die Entscheidung für insgesamt vier Dauerkarten, 2 mal Sitzplatz Gegengerade und 2 mal Stehplatz im Block 5 fiel dann aber bereits während des Heimspiel gegen den Nachbarn von der Castroper Straße, knapp 4 Monate später. Der Grund? An der Tageskasse gab es nur noch Sitzplätze auf der Gegengerade in Reihe 3. Also unterhalb der Grasnarbe. War ein tolles Gefühl, wenn man aufspringt und jubelt um dann an den Reaktionen der Nordkurve fest zu stellen, dass der Ball daneben ging. Wie auch immer, in der folgenden Saison durfte ich mich dann zu den wenigen Dauerkarten-Besitzern zählen. Soviel vorab.

Schalke auswärts also, das hatte ich bis zum genannten kalten Samstag im November 96 bisher nur zwei mal in Frankfurt mitgemacht, mit Papa auf der Tribüne, und einmal in Köln, mit Bruder in der Kurve, während meine Eltern irgendwo im Stadion saßen.

Nun sollte es also in die Landeshauptstadt nach Düsseldorf gehen, um im großen Rheinstadion die blau-weißen Götter nach vorne zu schreien. Noch schnell einen Schulkollegen eingesammelt und ab ging die Fahrt.

Am Stadion angekommen drückten mir meine Eltern Geld in die Hand, für die Eintrittskarte. Damals konnte man ja noch spontan ins Stadion gehen, wenn es nicht gerade um die beiden Topspiele ging. Wir verabredeten noch schnell einen Treffpunkt für nach dem Spiel, und so trennten sich unsere Wege. Meine Eltern stellten sich bei der ersten sichtbaren Schlange für Sitzplätze an, und ich und mein Kollege begaben uns auf den Weg in Richtung Gästekasse, Stehplätze. Im Endeffekt stellten wir uns einfach ans Ende der längsten Schlange Blau-Weißer an. Nun standen wir dort, geschätzte 50 Meter von der Kasse entfernt. Wir ließen unseren Blick schweifen und freuten uns auf das anstehende Spiel. Als wir dann wieder nach vorne in Richtung Kasse blickten standen wir urplötzlich ganz alleine in einer nun nur noch imaginären Schlange. Was war los? Das war eine Sache von vielleicht zwei Minuten die vergangen waren, seitdem wir uns eingereiht hatten, und nun sahen wir den Grund „Stehplätze Gäste ausverkauft“. Da standen wir nun wie bestellt und nicht abgeholt.

Ein schneller Abgleich der vorhandenen finanziellen Mittel mit den verlangten Preisen für Sitzplätze brachte eine weitere Ernüchterung. Das Geld reichte vorne und hinten nicht für zwei Karten. Kein Problem, meine Eltern werden ja bestimmt auch noch in der Schlange anstehen. Einfach hingehen, Sache erklären, Geld mitnehmen, Karten kaufen, Spiel sehen. Aber es kam natürlich, wie es kommen musste. Meine Eltern waren schon irgendwo im weiten Stadionrund, und so etwas wie Handys gab es ja damals noch nicht. Schöne Scheiße.

Da standen wir nun und hatten keine Chance mehr ins Stadion zu kommen. Also erst mal den erstbesten Würstchenstand angesteuert und den Frust mit ner Cola und ner Currywurst heruntergespült. Beim ziellosen herumstreunen ums Stadion wurden wir dann von einem Schwarzmarkthändler angequatscht, ob wir noch auf der Suche wären. Er hatte noch 2 Sitzplatzkarten übrig und würde sie zum Preis von einer abgeben. Licht am Ende des Tunnels. Doch der Tunnel verdunkelte sich genauso schnell, wie er sich kurzzeitig erhellte. Denn ein erneuter Finanzcheck offenbarte, dass uns 5 oder 10 DM fehlten, eben genau der Betrag, den wir eben erst am Würstchenstand gelassen hatten. Es blieb uns also endgültig nichts anderes mehr übrig, als das Spiel von außerhalb zu verfolgen. Mit Anpfiff ging es dann direkt an die Stadiontore und von dort konnte zumindest die Mittellinie erblickt werden. Also strengte man seine kleinen Lauscher an, um anhand der Stimmung den Spielverlauf erahnen zu können.

Gegen Ende der ersten Halbzeit, zwischen dem 1:1 und dem 1:2 ereignete sich dann das Highlight schlecht hin. Es standen mit uns vielleicht noch fünf oder sechs jüngere Leute an diesem Eingang, als eine Düsseldorfer Kutte angehetzt kam, und die Kartenkontrolle schnell hinter sich bringen wollte. Schon fast geschafft, fiel einem der Kontrolleure auf, dass der Bursche eine Karte von der vorherigen Saison dabei hatte. Demzufolge wurde ihm natürlich der Zugang verweigert. Wie sich dann im weiteren lautstarken Disput heraus stellte, hatte er sich nicht etwa zu Hause vergriffen, sondern hatte die Karte absichtlich eingesteckt. Er kam dann mit der Geschichte um die Ecke, dass es mit der Geschäftsführung / dem Vorstand telefonisch abgeklärt sei, dass er mit dieser Eintrittskarte der letzten Saison, auf der übrigens die richtige Begegnung aufgedruckt war, ins Stadion kommen würde. Nach lautem Gelächter aller Herumstehenden, inklusive der Ordner, dackelte der Fortune dann unverrichteter Dinge und wutschnaubend von dannen. Wenigstens hatte man so etwas zum Schmunzeln in dieser Kälte.

Zur Halbzeit wurde uns dann seitens der Ordner mitgeteilt, dass man gegen Ende des Spiels, so etwa ab der 85. Minute, rein gehen könnte, da ja eh die Tore für die Zuschauer geöffnet werden müssen. Die zweite Halbzeit plätscherte dann so vor sich hin und nach viel betteln und Quengeln öffneten die Ordner dann den Ausgang schon zur 75. Minute und man konnte doch noch das Stadioninnere betreten. Ich war gerade mit meinem Kollegen auf Höhe der Anzeigetafel als Martin Max das alles erlösende 3:1 für die Blauen markieren. War das ein Gefühl, da stand man fast das ganze Spiel über vor den Toren, darf dann letztendlich doch noch ins Stadion und sieht gleich noch ein Tor. Fußballerherz, was willst du mehr?

Fast 16 Jahre ist das nun her – und bis heute war das für mich (und nicht nur für mich) die letzte Möglichkeit, ein Auswärtsspiel der Schalker bei Fortuna Düsseldorf in der Landeshauptstadt zu verfolgen.


„1904 Geschichten“.
Die Bitte geht an Alle: wenn ihr etwas habt aus über 100 königsblauen Jahren, etwas Wahres und/oder Interessantes über Schalke, das ihr teilen wollt, Erlebnisse die erinnernswert sind oder ganz einfach Schilderungen, wie es war, wie man sich Eintrittskarten besorgte, wo in der Glückaufkampfbahn, dem Parkstadion oder der Arena man „daheim“ war, wie man dahin kam und wie es da zuging, oder was auch immer vielleicht jemand, der Schalke nur vom Fernsehen oder aus der Zeitung kennt, nie oder niemals wirklich wissen kann – aber vielleicht sollte – schickt mir (matthias.berghoefer[at]web.de) einfach eure Texte, Dreizeiler oder halbe Romane und egal wie’s mit Rechtschreibung aussieht. Klar erkennbar muss sein, ob es sich um eine wahre Geschichte handelt oder um einen Prosatext, also einen konstruierten, erfundenen, der etwas Bestimmtes ausdrücken will in Bezug auf den FC Schalke 04.
Wichtig ist natürlich auch, dass ihr kein Problem damit habt, dass euer Text hier, und vielleicht auch irgendwann mal in einem Buch, veröffentlicht wird – natürlich unter eurem Namen, oder einem „Pseudonym“ falls euch das aus irgendeinem Grund lieber ist.
1904 Geschichten sind eine Menge Holz. Ich bin mal gespannt.

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