Olli ist nicht unfehlbar. Olli ist Mensch. Und Schalker. Beides gut, echt und richtig.
Olli wirft einen Blick zurück, auf sein Leben, auf Schalke, auf sich, und er tut es, um einen Schritt nach vorne zu machen.
Es sind die 90er Jahre, Grauzone der Liga, die Lust, jeden Samstag auf Schalke zu fahren ist irgendwie dahin, man fährt nur noch mit Bekannten ab und an mal. Es war ja auch schon anders, in den 80ern, als man selbst Auto fahren durfte und egal bei welchem Wetter losdüste. Was waren das für Spiele, auswärts vor allem. In Köln, wo man mal eben auf der Kreuzung an der Aachener Strasse in einen Wurfgeschosshagel kam, dafür aber an der geplünderten Tanke die Getränkeversorgung stimmte. Von den Derbys ganz zu schweigen, als die 3. Halbzeit noch gang und gäbe war.
Doch man nahm Abstand, hatte andere Interessen wie z.B. Football (das Spiel mit dem Ei faszinierte und der Beginn dieses Sports im methusalemschen Alter von 26 spannte später unverhofft wieder einen Bogen zum S04). Ich lernte eine nette Frau kennen, die ich im Jahre 2001 sogar heiratete. Die Spiele waren nur noch ein Ding zwischen WDR2 und Premiere, selbst war ich nur noch selten im Stadion, auch wenn ich immer S04 Fan war. Kein Ergebnis war wichtiger an einem Wochenende als das des glorreichen Klubs.
Oft waren wir unterwegs, doch es waren meist Besuche bei Freunden oder Familien, was mir im Hinterkopf doch den einen oder anderen negativen Gedanken bescherte. Football spielen war es, das mich am Wochenende reizte, und natürlich der S04. Die Ehe verlief leider nicht so, wie es sein sollte. Jeder ging nach und nach seinen Weg, am Ende war es eher eine WG denn eine Partnerschaft. Eine liebe Frau wurde verlassen, es gab keinen Streit, nicht, dass jemand was Falsches denkt. Und so kam es, dass ausgerechnet in einem Spiel gegen die Dortmund Giants (ja, auch beim American Football gibt es diese Rivalität, hier jedoch zwischen den Recklinghausen Chargers und den DO Giants) jemand kam und mir das Angebot machte, eine Dauerkarte zu erhalten, da der Besitzer wieder in sein Heimatland Italien zurückkehrte. Gesagt getan. Roger gab mir die Karte. Ich übertrug diese auf meinen Namen und seitdem war alles anders.
Es passte zur Situation, denn dadurch, dass die Ehe auseinander ging, fand ich den Weg zurück ins geliebte Stadion. Sie ging zu einer Freundin, ich zu meiner wahren Liebe. Ich fand viele neue Freunde, nette Bekannte, wir kennen uns in der Süd mittlerweile seit Jahren. Jeder Samstag war ein neuer schöner Tag, dem Alltag entfliehen, dem nun tristen Leben etwas gönnen.
Ich lernte eine neue Frau kennen (Die Scheidung war unausweichlich und im Endeffekt für beide das Beste), die allerdings mein Schicksal wurde. Durch eigene Dummheit verlor ich Sie, wurde endgültig zum Alkoholiker (die paar Bierchen beim Spiel, egal, was solls?! ich hab es erkannt, aber nie realisiert vorher), verlor Jobs dadurch, Freunde, schrieb unendliche Dummheiten im offiziellen Schalker Forum, für die ich mich jetzt noch schäme. Ich rief im betrunkenen Kopf „scheiss FCN“ in der Nürnberger Nord(!!!), nur der Pitt hat mich gerettet (die Frau, nach der ich mich gesehnt habe, war zufällig auf der Reise dabei und das hat mich völlig verdreht), ich flüchtete zur Halbzeit und lief ziellos durch die Landschaft, im Dunkeln, in einer Stadt, in der ich mich nicht auskannte. Ich weiß jetzt noch nicht, warum ich das gerufen habe, die Freundschaft mit dem FCN war mir immer wichtig, aber zu diesem Zeitpunkt war ich ohne Gedanken. Sorry, Glubberer.
Aber auch wiederum durch das Internet und der Verbindung zum S04 gewann ich eine neue Bekanntschaft, die nun schon seit fünf Jahren hält und hoffentlich noch lange halten wird. Sie ist auch S04 Fan, wir gehen oft zusammen in die Arena. Sie brachte mich dazu, mich vom Alk zu trennen, wir verbrachten die bislang schönsten Urlaube meines Lebens und auch auf Fuerte, Thassos oder Malle schauten wir den S04, wenn es möglich war.
Dieses Buch, diese „1904 Geschichten“ ist für mich eine Gelegenheit, alles los zu werden, für das ich mich schäme. Ich trat Freunde in den Hintern, telefonierte mit Ihnen und schlug Warnungen in den Wind, drohte Prügel an, verletzte viele. Es ist ein verdammt steiniger Weg, dieses zu kitten. Mit einigen bin ich wieder im reinen. Sie ahnten bzw. wussten, dass ich ein Problem mit dem Alkohol habe und freuen sich, dass ich auf einem guten Weg bin. Ich sehe vieles nun besser, ich sehe auch echte Freude, wenn ich zu jemandem komme, den ich länger nicht gesehen habe. Das alles ist auch der Liebe zum Verein zuzuschreiben, denn ohne den würde ich nicht diese netten Leute kennen.
Nochmals an alle:
Entschuldigung
euer olli
„1904 Geschichten“.
Die Bitte geht an Alle: wenn ihr etwas habt aus über 100 königsblauen Jahren, etwas Wahres und/oder Interessantes über Schalke, das ihr teilen wollt, Erlebnisse die erinnernswert sind oder ganz einfach Schilderungen, wie es war, wie man sich Eintrittskarten besorgte, wo in der Glückaufkampfbahn, dem Parkstadion oder der Arena man „daheim“ war, wie man dahin kam und wie es da zuging, oder was auch immer vielleicht jemand, der Schalke nur vom Fernsehen oder aus der Zeitung kennt, nie oder niemals wirklich wissen kann – aber vielleicht sollte – schickt mir (matthias.berghoefer[at]web.de) einfach eure Texte, Dreizeiler oder halbe Romane und egal wie’s mit Rechtschreibung aussieht. Klar erkennbar muss sein, ob es sich um eine wahre Geschichte handelt oder um einen Prosatext, also einen konstruierten, erfundenen, der etwas Bestimmtes ausdrücken will in Bezug auf den FC Schalke 04.
Wichtig ist natürlich auch, dass ihr kein Problem damit habt, dass euer Text hier, und vielleicht auch irgendwann mal in einem Buch, veröffentlicht wird – natürlich unter eurem Namen, oder einem „Pseudonym“ falls euch das aus irgendeinem Grund lieber ist.
1904 Geschichten sind eine Menge Holz. Ich bin mal gespannt.