Henning ist Schalker, und das ist ja schon einiges, nicht wahr?
Heute läßt uns Henning entscheidende Momente miterleben. Entscheidend für den Verein, aber auch für sich selbst.
Die Saison 2000/2001 war für mich und meinen Weg zu dem Fan, der ich heute bin, entscheidend und richtungweisend. “Damals“ war ich 17 Jahre alt. In den Jahren zuvor war ich nur sporadisch auf Schalke, nämlich immer dann, wenn mein Vater mich mal mit ins Parkstadion genommen hat. Im Schnitt vielleicht zwei- bis dreimal pro Saison. Ich kannte sonst so gut wie keine Schalke-Fans in meinem Alter, mit denen ich den Weg nach Gelsenkirchen hätte antreten können. Wenn ich denn mal im Stadion war, kannte meine Begeisterung keine Grenzen und dementsprechend unerträglich lang erschien mir daraufhin die Zeit bis zum nächsten Spiel zu sein.
In der Saison vor genau zehn Jahren begann ich erstmals selbstständig zu fahren. Mit dem Zug dauert die Fahrt aus dem Münsterland, wo ich aufgewachsen bin und auch heute noch lebe, bis ins schöne Ruhrgebiet gute anderthalb Stunden. Aus dem ersten Spiel alleine wurden mit der Zeit immer mehr. Wohl auch begünstigt durch die Tatsache, dass Ebbe Sand, Emile Mpenza und Co. hervorragenden Fußball spielten. Ab und an war mal ein Freund dabei, der zumindest Sympathien für den S04 hegte. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der hatte auch schon den Führerschein – zu Abendspielen konnten wir also so auch mit dem Auto fahren. Dass ich damals noch keinen Führerschein hatte, war deshalb gar nicht so schlimm und hatte ab und an sogar Vorteile. Eine bessere Ausrede, wenn die Diskussion um den Fahrer für die Rückfahrt aufkeimt, hatte ich seitdem nie mehr …
Den vorletzten Spieltag dieser tollen Saison verfolgte ich mit meinem Vater und meinem Opa, der Premiere abonniert hatte, vor dem Fernseher. Drei Generationen Schalke-Fans zusammen gebannt vor der Couch. Selbst heute kommt das ab und an nochmal vor und es ist jedesmal wieder toll. Was an diesem 33. Spieltag passierte, wissen wohl alle – Schalke hatte Schiss inne Buchse und vergeigte es. Vergeigte diese riesige Chance. Weil Bayern gleichzeitig in letzter Minute gegen Lautern gewann, sanken die Chancen des S04 auf die Meisterschaft auf ein Minimum.
Dennoch: Eine Woche später fuhr ich mit oben bereits erwähntem Freund nach Gelsenkirchen. Mit den Tickets für den Kick gegen Unterhaching in der Tasche und einer klitzekleinen Portion Rest-Hoffnung im Kopf. Über das Spiel und den Verlauf dieses Tages muss man nicht mehr viele Worte verlieren. Doch zwei Momente will ich noch einmal festhalten. Zum ersten und bisher einzigen Mal in meinem Leben habe ich innerhalb von fünf Minuten erst vor Freude und dann vor Enttäuschung geweint. Erst schienen sich alle Titel-Träume wie durch ein Wunder doch noch zu erfüllen, nur um sich wenige Augenblicke später in einen Albtraum zu verwandeln.
Wenig später folgte aber dieser eine Moment, in dem ich endgültig begriff, wie besonders dieser Klub mit seinen bekloppten Fans ist. Als sich die enttäuschten Spieler irgendwann noch einmal auf der Haupttribüne zeigten, stimmte das ganze Stadion mit voller Inbrunst und ganzem Stolz „Königsblauer S04“ an.
Das war ein Moment voller Magie.
Klar wäre ich gerne Meister geworden, das will ich noch heute. Aber in diesem Augenblick der schmerzlichsten Niederlage bewiesen die Fans wahre Größe und Leidenschaft. Das war und ist Schalke! Und das wird es hoffentlich immer bleiben – egal wohin uns die Zukunft führt. Ich jedenfalls werde diesen Tag nie vergessen.
„1904 Geschichten“.
Die Bitte geht an Alle: wenn ihr etwas habt aus über 100 königsblauen Jahren, etwas Wahres über Schalke, das ihr teilen wollt, Erlebnisse die erinnernswert sind oder ganz einfach Schilderungen, wie es war, wie man sich Eintrittskarten besorgte, wo in der Glückaufkampfbahn, dem Parkstadion oder der Arena man „daheim“ war, wie man dahin kam und wie es da zuging, oder was auch immer vielleicht jemand, der Schalke nur vom Fernsehen oder aus der Zeitung kennt, nie oder niemals wirklich wissen kann – aber vielleicht sollte – schickt mir (matthias.berghoefer[at]web.de) einfach eure Texte, Dreizeiler oder halbe Romane und egal wie’s mit Rechtschreibung aussieht. Hauptsache das, was ihr erzählt, ist wirklich wahr, man erkennt um welches Jahr es geht (wenigstens ungefähr) und ihr habt kein Problem damit, dass es hier, und vielleicht auch irgendwann mal in einem Buch, veröffentlicht wird – natürlich unter eurem Namen, oder einem „Pseudonym“ falls euch das aus irgendeinem Grund lieber ist.
1904 Geschichten sind eine Menge Holz. Ich bin mal gespannt.